Retro Review
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Zombie Shiki Eigo Ryoku Sosei Jutsu: English of the Dead

Mit der Lichtpistole direkt auf den Bildschirm zu zielen und abzudrücken ist eine der zentralen Erfahrungen aus der goldenen Zeit der Spielhallen, die immer wieder gerne auch zu Hause an Konsolen repliziert wurde. Gegenüber dem deutschen Jugendschutz hatte beides jedoch traditionell einen schwierigen Stand, selbst wenn es um das Vernichten virtueller Zombiehorden ging, wie in Segas Klassiker The House of the Dead. Die ulkige Tastatur-Variante The Typing of the Dead, bei der sich die Spielfiguren mitttels um den Hals geschnallter Tastaturen der Untoten und Dämonen erwehren, hat es sogar nur einmal als PC-Version überhaupt nach Europa geschafft. In einer Japan-exklusiven Umsetzung des Prinzips für den Nintendo DS wurden die Tastaturen schließlich gegen Touchpanels getauscht und per Stifteingabe auf Zombiejagd gegangen, getarnt als Englisch-Lernprogramm.

Das Spiel nutzt The House of the Dead 2 als Basis und integriert Texteingaben per Touchscreen als Ersatz für die Lichtpistole. Wie in The Typing of the Dead werden über den Gegnern Wörter, Phrasen oder ganze Sätze eingeblendet, die anstatt auf einer Tastatur nun handschriftlich per Stylus auf dem Touchscreen geschrieben werden müssen. Jeder eingegebene Buchstabe wirkt wie ein Schuss aus der Pistole und fügt dem jeweiligen Gegner Schaden zu. Die Vorgaben auf dem oberen Bildschirm sind zweisprachig, da mit dem Spiel eigentlich Englisch anhand japanischer Ausdrücke gelernt werden soll. Es fehlen auf höheren Schwierigkeitsgraden den englischen Ausdrücken Buchstaben oder gar ganze Wörter, da quasi der japanische Ausdruck ins Englische übersetzt werden soll. Für Importspieler ohne Japanischkenntnisse ist dies jedoch äußerst hinderlich und es sollte in dem Fall unbedingt auf der einfachsten Stufe begonnen werden. Es ist so natürlich auch möglich, anhand der englischen Ausdrücke japanische Schriftzeichen zu lernen. Ein weiteres Problem für alle ohne Japanischkenntnisse ist, dass zwei Bossgegner Fragen vollständig auf Japanisch stellen, die anschließend mit einer Auswahl aus englischen Phrasen sinnvoll beantwortet werden müssen. An diesen Stellen ist leider nichts anderes als Versuch und Irrtum möglich.

Die handschriftlichen Eingaben auf dem Touchscreen per Stylus funktionieren gut, es empfiehlt sich jedoch, vorab in den Einstellungen Mustereingaben für jeden Buchstaben festzulegen. Je nach Handschrift läuft man sonst Gefahr, dass bestimmte Buchstaben kaum oder gar nicht erkannt werden, beispielsweise 'k' oder 'x'. Dies liegt auch daran, dass das Spiel in der Regel erwartet, dass Buchstaben von oben rechts beginnend geschrieben werden, wie es in Japan üblich ist. In den Zwischensequenzen wird währenddessen (gewollt schlecht betontes) Englisch gesprochen, wie aus anderen Spielen der Serie gewohnt. Außerdem werden erfolgreiche Eingaben anschließend per englischer Sprachausgabe nochmal ausgesprochen. Alles in allem ist Zombie Shiki Eigo Ryoku Sosei Jutsu: English of the Dead auch ohne Japanischkenntnisse spielbar, mit den genannten Anpassungen beim Schwierigkeitsgrad und der Schreibweise der Buchstaben.

Innerhalb der eher kurzen Spieldauer pro Durchgang gestalten sich die Aufgaben abwechslungsreich und neben einfachen Ausdrücken bei kleinen Gegnern müssen in den zahlreichen Bosskämpfen komplexere Aufgaben gemeistert werden. So wollen Bestandteile eines Satzes in die korrekte Reihenfolge gebracht, Lücken in Sätzen mit dem richtigen Wort gefüllt oder aus mehreren Möglichkeiten die umgangssprachlich angebrachte Formulierung gewählt werden, um die Lebensbalken schrittweise zu leeren. Mit den größeren Gegnern liefert man sich so zusammenhangslose, oft sprunghafte Dialoge über das Wetter, die Umgebung oder diverse Alltagssituationen – etwa einen Hotelbesuch oder eine bestandene Führerscheinprüfung, wie man es aus dem Sprachenunterricht kennt. Das alles jedoch vor dem Hintergrund einer Rettungsmission und der Verteidigung gegen heranstürmende Untote, was zu absurden und wirklich witzigen Situationen führt.

Die komplexeren Aufgaben bei größeren Gegnern werden mittels Schaltflächen auf dem Touchscreen erfüllt, es muss nicht immer handschriftlich geschrieben werden. Sind während des Spiels mehrere Gegner aktuell sichtbar, ist es möglich, zwischen ihnen zu wechseln. Da jeder Treffer den Gegner auch kurz anhält, ist es insbesondere später im Spiel sinnvoll, hin und her zu wechseln anstatt die Phrasen nacheinander vollständig zu schreiben. Über den Touchscreen können außerdem Hilfsgegenstände eingesetzt werden, die quasi als Joker gelten und die Eingabe einer Phrase ersetzen können. Man erhält diese Gegenstände aber nur, wenn bestimmte Abschnitte fehlerfrei abgeschlossen werden und sie können in der Regel nicht bei großen Gegnern verwendet werden. Abgesehen davon, dass es sich um aus The House of the Dead 2 wiederverwendete Inhalte handelt, ist das Spiel technisch sehr gelungen. Grafik und Bildrate wirken besser als bei der Heimumsetzung des ersten Serienteils für Segas Saturn, optisch ist die Polygongrafik für einen Titel auf dem Nintendo DS erstklassig. Die Sprachausgabe ist klar und auch die Musikuntermalung ist stimmig.

So absurd die Grundidee eines Englisch-Lernprogramms im Gewand eines Lichtpistolen-Ballerspiels ist, so gelungen ist das Endprodukt. Zombie Shiki Eigo Ryoku Sosei Jutsu: English of the Dead sticht zwischen der todernsten und steril präsentierten Bildungssoftware für den Nintendo DS hervor und sollte nicht nur für Freunde von The House of the Dead und seinem Tastatur-Ableger The Typing of the Dead einen Blick wert sein. Wie gut sich das Spiel für den Englisch-Spracherwerb von Japanern tatsächlich eignet, ist aus der Ferne schwierig zu beurteilen. Manche Übungen wirken etwas beliebig, vor allem, wenn es sich um umgangssprachliche Ausdrücke handelt. Grundsätzlich wird hier aber eine hohe Qualität und viel Abwechslung geboten, nebenbei können auch Importspieler ohne Japanischkenntnisse ihr Englisch auffrischen und überhaupt ihre Handschrift üben. Derweil begeistert der Sega-typische Humor mit absurden Dialogen und trashiger Sprachausgabe. Nur der Umfang ist etwas mager, denn alternative Routen gibt es im Gegensatz zur Hauptreihe nicht und auch das Retten von Zivilisten kommt so gut wie gar nicht vor. Nach Beendigung der sechs Kapitel winkt außer der Verbesserung von Punktzahlen und wenigen Boni nicht viel Wiederspielwert. Trotzdem ist das Spiel mehr als ein witziges Experiment und eine klare Empfehlung für jede DS-Importsammlung.

Filipp Münst